Die Tourtur nach Attica und auf die Peleponnes

Naja, irgendwann muß ich meine Reifen bewegen und mal die Straßen um den Athenaer Flughafen erfahren. Also Aufbruch über Delphi nach Athen und weiter zum Cap Reunion.

Camping Delphi besteht aus einer Terasse, die den Blick auf die Bucht freigibt. Die vögeligen Tauben am Abend und in den Morgenstunden (! – was bezweckt diese Naturschöpfung mit dem stundenlangen Gegurre? Plaudern Tiere wie Menschen, oder ist es Protzen? Plaudern oder Protzen – das ist die Frage) lassen mich nach diesem schönen Abend weiterziehen.

Natürlich frage ich mich, welche Gedanken der Ziegenbock hatte, und was er getan hätte, wenn er meine Gedanken …

Mein Besuch am Abend war zufrieden nach etwas Fressen und – besonders – nach Wasser!

War ja auch ein schöner Ausblick, wenn nicht diese Tauben …

Am nächsten Tag galt es, Delphi zu überstehen! Es geht dabei ja eigentlich nur um ein älteres Theaterbauwerk und einen kleinen Tempel, bzw. den Rest davon. Alles schon einmal vor 35 Jahren angesehen – muß ich es wieder? Als Lateiner bin ich ohnehin etwas geschädigt von der Antike – kein Trümmermensch. Deshalb ist auch für mich der Brand von Notre Dame und die z.T. geringe Anteilnahme junger Menschen keine Empörung für mich: In Japan baut man Tempel halt wieder auf, weil sie entweder von allein oder nach einem bestimmten Ritual alle Jahrzehnte abgebrannt werden! Nur – es sollte diejenige Kultur zerstören, die die Gottesstädte aufgebaut haben! Vollkommen falsch, dumm, selbstzerstörerisch, daran zu glauben, eine Zerstörung von Außen führe zu einem fruchtbaren Wandel, zu einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung!

Worum geht es? Um das da und ein wenig mehr:


Und die Touristen in ihren Bussen kommen aus dem Süden – Athen – um dieses Weltkulturerbe anzusehen. In der Gegenrichtung aus Norden hätte ich ihnen begegnen müssen, aber am Ortseingang von Arachova war es so merkwürdig still:

Kein Gegenverkehr – und um die nächsten zwei Ecken dann Totalstillstand: Lautes Geschrei, weil ich in den Trichter der Stadt gefahren war, der es erlaubt hätte, die entgegenkommenden Busse durchfahren zu lassen, die Delphi anfuhren: Zurücksetzen, hintere Autos, die aufgefahren waren, zurückdrängeln … und der Polizist, im Ort wahrscheinlich tagtäglich nur mit dieser Aufgabe ausgelastet, bedeutet mir, nach dem ersten noch zu warten auf den nächsten!

Als dann wenig später noch ein PKW anhält – wie ein Linienbus, ganz selbstverständlich – um die Straße in 2ter Reihe zu sperren, muß ich laut lachen! Es gibt Grenzen des Machbaren!

Den Touristen in den 3-achsigen Reisebussen interessiert das nicht.

Viele Griechenlandreisen, der Süden in Italien, Spanien, Portugal mit dem Auto durch die Großstädte – alles ok., aber Griechenland 2019 ist verkehrstechnisch eine andere Nummer!

Die wachsende Zahl der Autos und eine veränderte Mentalität der jungen Autofahrergeneration machen das ehemalige „Schwimmen im Verkehr“ kaum mehr möglich: Verkehrsregeln sind nur eine Empfehlung – aber das ist nicht lustig, wenn ich nicht weiß, was der andere Verkehrsteilnehmer im nächsten Augenblick machen wird! Ein Auto oder Moped steht nicht an der Straßenmündung um zu warten, sondern weil noch etwas im Handy zu sehen ist: Wann fährt es los? Daß kann in 500 Metern sein oder wenn man gerade die Kreuzung überfahren möchte. Mopeds wie Autos überholen links wie rechts, mit normaler oder doppelter Geschwindigkeit: Wenn Du nicht genauso oft in den Rückspiegel schaust wie nach vorn, darfst Du keinem Straßenschaden in Qualität einer Vorderachsenrampe ausweichen! Wenn man den tiefen Löchern in der Straße ausweicht, ohne zu bemerken, wie man von hinten auf der gleichen Fahrspur überholt wird, erwischt man eventuell den Überholer an der Seite. Merkt man aber das Überholmanöver und fährt weiter, um nicht geschnitten zu werden, knallen die Felgen in das Asphaltloch. Außerhalb der Städte sind die Ziegen und Hunde ein geringes Risiko, in Ortsrandlagen und den Städten die geliebten Griechen: Geht er gleich noch über die Straße vor dir oder nicht? Ein Motorrad – die nächste Fahrrichtung total unbekannt! Rote Ampeln werden überfahren, an den Einheimischen kann ich die Höchstgeschwindigkeit niemals festmachen! Parken – immer und überall, wenn die Warnblinke an ist – egal, ob in einer Kurve gefährlich oder in der ehemalige, doppelspurigen Hauptstraße durch die Stadt, um sich einen Kaffee zu besorgen oder kurz zu telefonieren – stop, Stillstand!

Aber das eigentliche Problem: Es fehlt die Kalkulierbarkeit! Ich habe keine Ahnung, woran sich der andere Verkehrsteilnehmer hält, welches Ansinnen ihn umtreibt und dafür einen Verkehrsstillstand herbeizuführen, eine rote Ampel zu überfahren oder oder oder!

Links nicht an ungeraden Tage, rechts nicht an geraden Tage parken … Und? In zweiter Reihe halten, wie der Toyota!!

Ein anderes Thema: Müll.

Die Rollcontainer sind überall, an jeder Haltebucht, in den Orten und und und. Sie sind die zentrale Entsorgungseinrichtung für Müll. Jeder kann sie zur Entsorgung verwenden.

Da diese Container oft voll sind, wird dann der Müll daneben gestellt (oder daneben geworfen, oder einfach nur im Umkreis von diesem Container entsorgt): Kartons, Matrazen, Waschbecken, Müllsäcke, Windeln … Das führt zu seltsamen Ansammlungen: Einerseits ist der Container an einem tollen Aussichtspunkt voll oder zu weit weg, andererseits verteilt der Wind dann den Müll, der immer nicht mehr in den Container passte.

Jugendliche aufm Mofa werfen ihren Cafetogo-Becher lustig und unbekümmert auf einen geschlossenen Abfallcontainer – der Becher dreht seine Runde auf der Straße im Ort. Fährt man über die Berge und erblickt auf der Passstraße einen Kaffeebecher, dann fragt man sich: Nur einen – fährt der Mensch allein? Nö – wenig später fliegt der zweite leere Becher über die Straße – mit Plastikstohhalm!

Was irritiert sind die versprühten oder verklebten Verkehrsschilder: Wie weit ist es nach Kalamata? Aufkleber drauf – keine Info. Geschwindigkeitsbeschränkung auf was? Sprühdose drauf – keine Ahnung! Ortsschild – schwarze Farbe… Und die öffentlichen Wände sind eh alle voll mit Farbdoseninhalten! Ja, ich weiß, gibts in Deutschland ebenso und immer häufiger. Aber Auflösung der Regeln, die eigentlich kulturelle Fortschritte erlaubten und bisher nur durch Kriege retardiert wurden, sind doch keine Errungenschaft? „Freiheit“ – Anarchie – muß doch weiterhin eine gesellschaftliche, ach was, eine mitmenschliche Komponente haben?! Diese Idioten, diese dummen Menschen egal ob in GR oder in D, denen es einfach nur um Zerstörung geht, sei es eine Information auf einem Straßenschild, oder um eine gesellschaftliche Ordnung. „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“ führte und führt immer noch nicht zwangsläufig zu einer positiven, gesellschaftlichen Entwicklung.

Von Delphi fahre ich also über die Berge nach Piräus, Athen und dann zum Kap Seunion. Der Yachthafen ist toll, der Verkehr auch.
Und ich freue mich auf dem Pass gen Süden über die Landschaft, die Schiffsbauer und Schiffswinterunterstellplatzherbergen, über die Spuren der Glaseinbrüche auf den Parkplätz am Straßenrand, und auf den Tempel. Aber auch hier sind schon 3-achsige Busse dominant.


8 EUR um den Weg dahin betreten zu dürfen. Aber die Toiletten sind frei:

Das reicht mir für das Foto des Tages – Dank an den Architekten, der es entworfen hat!

Auf Attica gelang mir die Übernachtung nicht. Bei Korinth schon. Und danach geht es weiter auf einen engen Platz südlich von Nafplion. Dort habe ich auch das letzte Mal versucht, Oktopus auf einem Gasgrill zu garen, ohne ihn vorher gekocht zu haben: Eine volle Gaskartusche habe ich verbraucht, und das Ergebnis war miserabel. Niemals ohne Kochen, versprochen!

Einen Tag später wird es nun richtig stürmisch. Im Golf von Gythion ist das Meer aufgewühlt und die zu Ostern herausgestellten Schirme und Liegen fliegen oder halten dem überlaufenden Meer stand.

Am Nachmittag lässt sich Gythion mit dem Fahrrad erkunden, denn die grauen Wolken sind verzogen und mich kann die Frage beschäftigen: Was erschwert das Radln mehr – Gegenwind oder Steigung? Wenn bei der Abfahrt der Gegenwind so stark ist, dass ich fast zum Stehen komme – hilft mir die Information bei der Antwort auf meine Frage?

Ein sehr entspannter Ort – natürlich viele gut besuchte Tavernen, auch ein Sportplatz am Ufer, ein Fährhafen ohne Fähren, verrottende Schiffe neben Edelstahljachten, und eine rote Promenade…

„Mann muß ja nicht alles tun, was möglich ist!“

Oder?

Ich stelle mir die Frage häufig und handel konträr.